Yoga in Kaufering und die Ordnung im Kleiderschrank

Aufräumen im Kleiderschrank ist wie Aufräumen im Leben. Foto: JamesDeMers/Pixabay

Zur Vorbereitung dieser Yogastunde habe ich meinen Schrank aufgeräumt. Mich von Kleidungsstücken getrennt, die ich maximal einmal im Jahr trage. Sommerkleidung in den Keller ausgelagert. Mich gewundert, dass der Schrank ja gar nicht so klein und eng ist, wenn ein paar Teile draußen sind.

Was hat das mit Yoga zu tun? In der vergangenen Stunde hatte ich in der Stunde von den vier Ablagen für den Kopf erzählt. Eine Ablage für die Vergangenheit, eine für die Zukunft, eine für nicht-hier und eine als Papierkorb. Das ist eine sehr schöne Technik, aber nicht immer so ganz einfach umzusetzen.

Am Schrank kann man die Technik gut üben. Da gibt es ganz viel Vergangenheit, Zukunft und Nicht-Hier. Stücke, an denen man hängt eher aus historisch-melancholischen Gründen, als weil man sie auch heute noch mag. Stücke, die man nur für besondere Gelegenheiten in der Zukunft hat, die meist gar nicht eintreten. Dann gibt es Stücke, die einfach nicht zur Saison passen, nicht-Jetzt.


Wer seinen Schrank aufmacht, steht vor seiner Welt in klein und hier kann man viel leichter als im ganzen Leben entscheiden: Was kann ganz weg, gehört einfach nicht mehr zu mir, zu meinem heutigen Ich? Was kann ganz nach hinten oder in einen ausgelagerten Schrank?

Dieses Aufräumen ist nicht einfach nur Ausmisten oder lästige Hausarbeit – es ist Yoga.

Denn dieses an Dingen hängen, an Kleidern, aber auch an Gedanken, an Vorstellungen, an Gewohnheiten, ist es, was uns das Leben schwer macht. Alles häuft sich an und wir schleppen es mit uns herum, mit jedem Stück, mit jedem Gedanken mehr.

Im Yoga nennt man das Anhaftung (samyoga), quasi ein Festkleben der eigenen Seele an äußeren Dingen, die keinen Bestand haben – egal, ob das der olle Pulli im Schrank ist, oder ein alter Wunsch, den wir nicht loslassen können, oder ein alter Groll.

Der Herbst ist die perfekte Zeit zum Aufräumen. So, wie die Blätter Stück für Stück fallen, wie sich manche Bäume ganz leicht von ihrem Laub trennen, andere nur ganz allmählich, so können wir es auch machen – um Kraft zu sammeln und Raum zu schaffen für Neues.

 

Wer die Welt in Ordnung bringen will, gehe zuerst durchs eigene Haus.
Aus China

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