In der Nacht vor dieser Yogastunde habe ich richtig schlecht geschlafen. Am Morgen tat dann alles weh. Der Nacken hat geknirscht, der Kiefer geknackt, der Kopf war irgendwie verrastet. Also habe ich meine morgendliche Yogapraxis angepasst und siehe da: hinterher war es besser. Wie einer meiner Ausbilder immer sagt:
Es reicht nicht, zu wissen, was hilft. Man muss es auch tun!
Und hier liegt ein Knackpunkt. Wir wissen meistens ganz gut, was wohl tut und was nicht. Aber es ist ungemein schwierig, auch danach zu handeln. Beispiel Yoga:
- Wer Schulterprobleme hat, weiß ganz genau, dass das Hochziehen der Schultern und das Einziehen des Nackens das Problem immer mehr vergrößern.
- Wer zum nächtlichen Zähneknirschen neigt, weiß, dass Zähne zusammenbeißen Probleme nicht löst.
Und trotzdem verfallen wir selbst während des Yoga Übens in diese alten Muster. Beim bewussten Üben lässt sich das gut beobachten: Wie man die Arme hebt, wie man den Kopf hält, wie sich die Kiefergelenke anfühlen. Je anstrengender es für einen ist oder je unbewusster man übt, desto stärker drücken die alten Muster wieder durch.
Im Yoga heißen die alten Muster „samskara“. Ich verwende dafür gerne das Bild eines Feldwegs. Wer da mit dem Fahrrad fährt, rutscht leicht in die ausgefahrene Rinne und muss sich ungemein konzentrieren, wenn er eben nicht in dem ausgefahrenen Teil fahren will.
Genauso geht es uns mit unseren Gewohnheiten. Wenn wir sie vermeiden wollen, müssen wir sehr bewusst handeln. Um dieses Bewusstsein zu üben, sind Online-Stunden hier gar nicht schlecht.
Im virtuellen Raum kann man sich nicht darauf verlassen, dass der Yogalehrer einem schon sagen wird, wenn eine Haltung ungünstig ist. Jeder muss selbst auf sich aufpassen, hinspüren, wie fühlt sich das an, was ich gerade tue, wie fühlt es sich an, wenn ich damit fertig bin. Das ist eine Chance, sich genauer auf das eigene Gefühl einzulassen:
Ist der Kraftaufwand, den ich betreibe für diese Haltung, für mich, für heute angemessen? Es gibt Menschen, die verwenden immer eher zu viel Kraft und es gibt Menschen, die bleiben eher unter dem Optimum. Beides strengt an. Was wir suchen ist das Gleichgewicht aus sthira-sukham (stabil und leicht), aus prayatna-saithilya (intensiv und doch entspannt).
sthiram-sukham-asanam (Yoga Sutra 2.46)
Die ideale Haltung ist stabil und leicht zugleich.
prayatna-saithilya-ananta-samapattibhyam
(Yoga Sutra 2.47)
Eine immer leichter werdende und intensive Bemühung sowie die tiefgründige Sammlung auf das Grenzenlose helfen uns, diese Haltung zu erreichen.
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